Testbericht: Boss DD-200 Teil II – Besondere Algorithmen

Boss DD 200Im ersten Teil des DD-200 Testberichts ging es vorrangig um das Design und die grundlegenden Sounds der neusten Delay-Kreation von Boss.
Nun möchte ich mich einigen besonderen Algorithmen dieses digitalen Delays widmen.

Tera Echo

Das Tera Echo ist ein besonderer Algorithmus, der vor einiger Zeit mal in einem separaten Pedal angeboten wurde. Dieser Effekt klingt sehr „spacig“, da die zahlreichen Repeats moduliert/gefiltert und mit Reverb kombiniert werden.

Blendet man das Gitarrensignal ein, so erhält man wunderbare Pads. Mit Mod Depth, Tone und dem klangregelnden Parameterregler kann der Sound weiter abgestimmt werden.

Pad Echo

Ebenfalls ein Ambient Sound ist das Pad Echo, bei dem mittels des Parameter Potis die Attack-Zeit gewählt wird. Dies ist sehr schön für Swells und Shoegazing Effekte. Fügt man dem Signal etwas Modulation hinzu kann man einen schönen Klangteppich erzeugen.

Pattern Delay

Beim Pattern Delay kann mit dem Parameter Regler unterschiedliche, rhythmische Wiederholungen eingestellt werden. Bei diesem Effekttyp wird auch das Stereopanorama voll ausgenutzt, da die Repeats auf den linken und rechten Ausgang aufgeteilt werden wenn man das Pedal an zwei Amps anschließt. Die gewählten Pattern gefallen mir sehr gut, da sie auch sehr schnelle Pattern auf dem einen Amp mit recht langsamen auf dem anderen Amp kombinieren. Dadurch erhält man eine Art „Frage und Antwort“ Spiel der Delays.
Allerdings hätte ich mir hier noch ein Pattern für ein ganz gewöhnliches Ping Pong Delay gewünscht.

Lo-Fi

Das Lo-Fi Delay ist genau das, was der Name vermuten lässt. Parameter regelt den Grad der Verzerrung. Dreht man den Tone-Regler weiter auf erhält man besagte angezerrte und ausgedünnte Lo-Fi Sounds.

Dual Delay

Das Dual Delay ist auch sehr schön gewählt, da mit dem Parameter Regler die Delayzeit des zweiten Delay gewählt werden kann. Dies wird prozentual zum original Delay angezeigt und lässt sich dadurch sehr schön feinjustieren. Man kann dadurch ganz individuelle Rhythmen einstellen: vom schlecht gewarteten Tape Echo, bei dem die Tonköpfe unterschiedliche Abstände haben, bis hin zum Golden Ratio.

Ducking

Hinsichtlich eines Multi Delays darf natürlich auch der 80er Jahre Effekt schlechthin, das Ducking, nicht fehlen. Die Empfindlichkeit wird mit dem Parameter Poti eingestellt. So kann man einen Delayeffekt erzeugen, bei dem erst beim Ausklingen die Repeats zu hören sind. Dies ist ideal für schnelle Soli.

Reverse Mode

Im Reverse Mode wird das Attack per Parameter Poti eingestellt. Der Mode wird durch das Tone Poti sehr flexibel und kann von dezentem Reverse Teppich bis zum Full wet (im Reverse Mode möglich) schöne, verfremdete Sounds erzeugen.

Warp Mode

Besonders abgefahren ist der Warp Mode, bei dem die Delay-Geschwindigkeit und die Tonhöhe ansteigen, wie bei einem Tape Delay, bei dem der Tonkopf verschoben wird. Oder man wählt einen Taster, der immer ein bestimmtes Preset anwählt, um direkt zu diesem Sound springen zu können.

Und sonst noch?

Bleibt noch zu erwähnen, dass die beiden Fußtaster und die beiden optional anschließbaren externen Taster frei programmierbar sind.
Hat man das Delay Pedal ohnehin immer eingeschaltet, so kann man die eingebauten Taster zum Beispiel für Tap und Memory nutzen. Es ist auch ein Hold Effekt für alle Effekttypen nutzbar. Dadurch wird das Delay Signal endlos lange gehalten, ohne zu oszillieren.

Mit der Midi Steuerung per CC wird das DD-200 zu einem wirklich umfangreichen Gerät, dass auch im Studio genutzt werden könnte.
Die Tap Divisions haben alle üblichen Unterteilungen und sind auf den ersten Blick, aufgrund der Dioden erkennbar.
Presets sind leicht speicherbar und hält man den Tap Division Taster gedrückt, sichert man seine aktuelle Einstellung gegen versehentliches Verstellen.

Fazit

Man bekommt mit dem Boss DD-200 also neben den üblichen Tape, Analog und Digital Sounds, die wirklich gut klingen, auch einige Ambient Sounds. Es beinhaltet quasi ein halbes DD-500 ohne die zusätzlichen EQ Möglichkeiten.
Die Sounds sind sehr gut voreingestellt und können schnell und ohne endlosen „Menü-Diving“ feinjustiert werden. Ich kann mir das DD-200 auf vielen Tour-Pedalboards vorstellen. Eventuell sogar per Midicontroller zum Anwählen der Presets.

Und das ist eine weitere tolle Sache, die oft übersehen wird: Als Standalone Pedal ist es sehr kompakt mit vielen Features und kann mit zusätzlichen Tastern und Midi extrem erweitert werden. Wirklich sehr schön!
Und auch klanglich ist das Pedal sehr flexibel. Bereits in der 12 Uhr Einstellung des Tone Potis hat es einen vollen Klang und kann je nach Belieben etwas in den Bässen ausgedünnt werden oder dunkler eingestellt werden.
Die Range der Modulation ist praxisgerecht gewählt worden und auch Depth Einstellungen um 13-14 Uhr erzeugen noch ein musikalisches Wabern ohne in ein Eiern zu geraten.
Das Fehlen des Potis zur Regelung der Modulationsgeschwindigkeit habe ich nicht zu bemängeln. Denn wenn man ehrlich ist, dreht man es ohnehin nur so lange, bis die Modulationsgeschwindigkeit zur Delayzeit passt und fasst es dann nie wieder an. Ändert man nun die Delayzeit, gerät diese Einstellung bei vielen Pedalen aus dem Gleichgewicht und die Modulation stört. Hier ist die Modulation ein „set and forget“ und es klingt immer gut.
Jedes Pedal sollte übrigens ein Tonepoti haben, um den gewünschten Sound zu finden. Ich habe ihn öfter auf 14-15 Uhr gestellt, um mehr Brillanz zu erhalten.

Da das Boss DD-200 über viele Optionen und Tap Tempo in kompaktem Format verfügt kann es auf kleinem Pedalboard viele Soundoptionen bieten. Damit stellt es ein perfektes Bindeglied in der Produktlinie zwischen dem DD-8 (ohne Presets) und dem DD-500 (größer und mit zahlreichen Parametern) dar.