Der Sound eines an seine Leistungsgrenzen gebrachten Röhrenamps ist schon einzigartig. Und auch wenn ich clean spiele, ist mein Lieblingssound des Amps nie wirklich richtig clean. Ich habe ihn so eingestellt, dass er bei härterem Anschlag bereits leichte Kolorationen zeigt und anfängt zu komprimieren.
Denn das ist der Grund, weshalb viele den vermeintlichen Cleansound eines Röhrenverstärkers dem eines Transistorverstärkers vorziehen. Ein Transistorverstärker ist meist wirklich clean und klingt schnell steril. Im Röhrenamp gibt es einen Punkt, an dem die Röhren das Klangbild bereits leicht färben und harmonische Obertöne erzeugen, ohne wirklich zu verzerren. Das ist wahrscheinlich auch der Sound, nach dem viele suchen, wenn sie ein transparentes
Overdrive-Pedal suchen.
Aber oft ist der Verstärker dann schon zu laut. Das ist übrigens der Grund, weshalb man im Internet auf die gestellte Frage „kann ich meinen 100 Watt Amp auch als Bedroom Amp nutzen“ oft verneint. Natürlich kann man ihn auf die Lautstärkestufe 1 stellen und man hört sein verstärktes Gitarrensignal, aber dann klingt er halt nicht gut.
Bedroom Amp Lösung
Um nun zuhause beim Üben oder Songwriting diesen wunderschönen Röhrenamp-Sound zu bekommen, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Overdrive-Pedal
Das einfachste ist natürlich, wenn man ein Overdrive-Pedal nutzt und eine sehr niedrige Gaineinstellung für seinen Cleansound verwendet. Der Klang wird, auch wenn man bei einem Low-Gainer das Gain (fast) ganz herunterdreht, leicht komprimiert und gefärbt. Dies kommt oft einem lauteren Röhrenamp schon sehr nahe.
Mini Amp
Wir haben heutzutage das Glück, dass es zahlreiche 1-5 Watt Amps verschiedener Hersteller gibt. Marshall hat zum Beispiel 1-Watt-Versionen seiner legendärsten Verstärker. Ebenso findet man 5 Watt Tweed-Style Amps oder den 1 Watt Vox Verstärker neu oder gebraucht zu meist günstigen Preisen. Auch 5 Watt Vintage Amps wie zum Beispiel der Fender Vibro Champ sind oft zu haben.
Diese kleinen Amps sind klanglich ihren großen Brüdern gar nicht unähnlich. Ich nutze den Vox lil´night train auch oft für Aufnahmen. Der Vorteil dieser kleinen Amps ist, dass man sie auch bei geringeren Lautstärken in ihren sogenannten „Sweet Spot“ fahren kann. Also die Einstellung, bei der die Röhren anfangen zu verzerren und das gewünschte Soundergebnis erzeugen.
Power Soak
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz einer Power Soak. Sie wird zwischen Amp und Lautsprecher geschaltet und verringert somit die Lautstärke nach der Endstufe. Anders als bei einem Mastervolume kann man so auch die Verzerrung der Endstufe nutzen. Diese Power Soaks lassen sich auch als „London Power Scaling“ in einen Verstärker integrieren. Mittels eines Potis kann man dann den Amp stufenlos bis auf 0,1 W herunterregeln.
Für Aufnahmen zu Hause ist auch eine Isolationsbox gut geeignet. Ein in einer Kiste verbauter Lautsprecher wird statt des eigentlichen Amp-Speakers angeschlossen. Die Kiste ist schallisoliert und mit einem Mikrofon versehen. Nun kann man das Signal des Mikros direkt in den Preamp oder die Soundkarte des Computers einspeisen.
Modeling
Zu guter Letzt noch das Modeling. Spätestens seit Kemper sind die Sounds dieser Geräte wirklich auf einem sehr guten Level angekommen. Man kann unterschiedliche Amp-Sounds auf ein Gerät laden und einfach abrufen. Natürlich gibt es auch Plugins für den Computer, die einen Verstärkersound nachbilden. Allerdings sollte man hierfür einen leistungsfähigen Rechner mit Audiointerface nutzen, um Latenzen niedrig zu halten.
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