Effect history (Part 5): die 90er im Retro Boom

Effect Pedal In den 90ern gab es eine Rückbesinnung. Der Grunge hat die Träume der Hairspray-Metal Bands und damit auch der Effektindustrie zerstört. Aus Kostengründen und als kommerzielles Statement haben viele Musiker Second Hand Effekte gekauft und sich mit zwei bis drei Effektgeräten zufriedengegeben. Der zuvor sehr glattpolierte Sound wurde wieder rauer.

Boutique-Effekte

Dies hat eine ganz neue Effektindustrie unterstützt: Die ersten kleinen Boutique-Effektgeräte-Hersteller haben alte Effekte repariert,modifiziert und seltene Effekte nachgebaut. Einer der ersten Boutique-Hersteller war Analogman. Er hat als einer der ersten angefangen, Ibanez Tubescreamer zu modifizieren. Legendär wurde er durch seine Interpretationen vom Fuzz Face, Ross Compressor und EHX Chorus.

Fulltone baute zunächste ebenfalls Clone bekannter Effektgeräte. Dazu zählten Fuzz Face, Tone Bender und Octave Fuzz. Später kamen auch eigene Entwicklungen, die auf bereits bekannten Schaltungen basierten, hinzu.

Auch Electro Harmonix begann in den 90ern unter dem Namen Sovtek wieder Effekte herzustellen, nachdem sie in den 80ern aufgrund der geringen Nachfrage nach Effektpedalen Insolvenz anmelden mussten. Die russischen Big Muffs gehören zu den gesuchtesten.

Keeley Electronics wurde vor allem durch seine Ross Compressor-Nachbauten und seine Tubescreamer-Modifikationen bekannt.

Technischer Fortschritt

Alle Boutique-Effekte hatten einige Verbesserungen erhalten. So wurden zum ersten Mal True Bypass-Schalter anstelle einer elektronisch gebufferten Bypass-Schaltung verwendet. Teilweise wurden sehr seltene Bauteile, wie zum Beispiel bestimmte Germanium-Transistoren oder Clipping-Dioden, verwendet. Die genutzten Bauteile wurden entsprechend ihrer Messwerte selektiert, so dass jedes Effektpedal klanglich exakt abgestimmt werden konnte. Dies war eine sehr wichtige Weiterentwicklung, die den Klang veredelt und Nebengeräusche minimiert hat.

Jeder Boutique-Hersteller hat es sich seitdem zur Aufgabe gemacht, seine eigene Interpretation des Klassikers „Tubescreamer“ herzustellen. Es konnte entweder mehr Gain erzeugt werden, oder die Version hatte mehr Bässe, als das Original.

Boutique vs DIY

Heutzutage verschwimmt die Boutique-Effekt-Szene etwas, da viele im Internet erhältliche Bausätze mit individueller Lackierung als „Boutique“ oder zum Selbstkostenpreis verkauft werden. Wer jedoch schon mal einen Fuzz Face Clone mit selektierten Transistoren und eingestelltem Bias (durch Justierung der Widerstände) gespielt hat, weiß, dass ein Fuzz Face zwar immer aus 10 Bauteilen besteht, diese jedoch perfekt aufeinander abgestimmt werden müssen.