Heute möchte ich über einen den legendären Marshall JCM900 HiGain Dual Reverb schreiben, der oft unterschätzt wird.
Vorgängermodelle
Die meisten Vorgängermodelle von Marshall waren Vollröhren-Verstärker.
Das heißt, dass das Signal sowohl in der Vorstufe, als auch der Endstufe lediglich von Röhren verstärkt wurde – es befanden sich keine Transistoren im Signalweg.
Die bekanntesten waren der Marshall JTM45 und der JCM800.
Als in den 1990ern der JCM900 auf den Markt kam, war die Enttäuschung einiger Gitarristen groß, da Transistoren und Dioden für die Verzerrung verwendet wurden.
Diejenigen, die sich als die „wahren“ Gitarristen verstanden, lehnten den JCM900 daher kategorisch ab – und tun dies auch heute noch.
Die Entwicklung
Der Grund für die Verwendung von Transistoren im JCM900 war einfach: Gitarristen wollten mehr Verzerrung als es bis dahin mit den bekannten Modellen möglich war.
Der JCM800 ist wohl einer der bekanntesten Vollröhren- Metall- Amps dieser Zeit.
Allerdings erzeugt der JCM800 letztlich nicht so viel Gain, wie man es von ihm erwarten würde – schon gar nicht in der Non-Master-Volume-Version.
Außerdem muss man den JCM800 sehr laut spielen, bis die markante Röhrenverzerrung einsetzt.
Deshalb haben eigentlich alle Gitarristen ihren JCM800, oder auch vorher den JTM45, mit einem Verzerrer-Pedal geboostet.
Dies ist meist ein Ibanez Tubescreamer oder eine Art Fuzz oder Treble Booster.
Und man beachte: Ein Verzerrer-Pedal besteht aus einem Transistor und erzeugt sein Clipping oft über Dioden.
Der JCM900 ist also nichts anderes, als eine Kombination aus einem Röhrenverstärker mit einer kompletten Röhrenendstufe, in Kombination mit einem Transistor-Verzerrer in der Röhrenvorstufe.
Und das Marshall Verzerrer bauen kann, haben sie bereits mit dem Guv´nor und dem Bluesbreaker Pedal bewiesen.
Der JCM900 ist einer der wenigen Amps, die auch bei geringerer Lautstärke einen sehr guten Sound liefern.
Bekannte Nutzer des JCM900
Es gab zahlreiche Gitarristen, die einen JCM900 spielten und noch immer spielen: Billy Howerdel (A Perfect Circle), Jeff Beck, Josh Homme (Queens of the Stone Age), Billy Joe (Green Day), Noel Gallagher (Oasis), Dave Navarro, Ace Frehley (Kiss), und viele mehr.
Es gibt auch einige Gitarristen, die einen legendären Gitarrensound haben und trotzdem einen Röhren-Amp mit integrierten Transistoren spielen.
Der Marshall Silver Jubilee hat ebenfalls Transistoren in der Vorstufe und wird unter anderem von Slash, John Frusciante und Joe Bonamassa gespielt.
Er kann also so schlecht nicht sein.
Ich glaube, dass der JCM900 einfach zu früh auf den Markt kam.
Oder, dass es die Vorreiter immer am schwersten haben.
Heutzutage spielen Gitarristen über komplett digitale Lösungen (AxeFX, Line6) und schwören auf ihren Röhrenähnlichen Sound.
Da der JCM900 immer noch unterschätzt wird, und gebraucht günstig gehandelt wird, ist es vielleicht an der Zeit mal einen anzutesten, bevor auch dieser Amp zu einem gesuchten Sammlerobjekt wird. Und falls man den Sound partout nicht mag, kann man aufgrund des integrierten Effektwegs immer noch eine separate Vorstufe nutzen und hat eine günstige, echte Marshall Vollröhrenendstufe.
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